“Beim kognitiven Stil geht es darum, Informationen und Wissen zu vermitteln, kritisches Nachdenken zu fördern und eine sachliche Atmosphäre zu schaffen. Das heißt, da geht es eher darum, dass man informational Support leistet, ….. Und was da zum Beispiel gemacht wurde, auch in unserer Studie, ist, die ModeratorInnen haben Zusatzinformationen geliefert.”
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Shownotes
- Linkedin Dominique Heinbach
- Dominique Heinbach Uni Mainz
- Konstruktive Online Debatten fördern durch bestärkende Moderation
Takeaways
Dominique Heinbach und Marc Ziegele haben in ihrer Studie drei Moderationsstile untersucht: den kognitiven, den affektiven und den sozial-integrativen Stil (KASI). Die Ergebnisse zeigen, dass allein durch die Anwendung dieser Stile die wahrgenommene Qualität der Diskussionen deutlich gesteigert werden kann.
Der kognitive Stil fokussiert sich darauf, Informationen und Wissen zu vermitteln und kritisches Nachdenken zu fördern. Moderator:innen liefern Zusatzinformationen, stellen Fragen und brechen komplexe Sachverhalte herunter. Der affektive Stil zielt auf Emotionen ab, fördert Empathie und Unterhaltung und stärkt das Selbstwertgefühl der Nutzer:innen. Beim sozial-integrativen Stil liegt der Fokus auf dem Austausch zwischen den Nutzer:innen und der Stärkung des Zusammenhalts in der Community.
Der Fokus auf das Positive
Ein wichtiger Aspekt von Heinbachs Ansatz ist es, sich nicht nur auf die negativen Kommentare zu konzentrieren, sondern bewusst auch die positiven hervorzuheben. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Community selbst, sondern auch auf die Moderator:innen.
In der Studie berichteten viele, dass es gut tat, sich nicht ständig nur mit Hate Speech auseinandersetzen zu müssen. Stattdessen konnten sie auch mal einen Schritt zurücktreten, schlechte Kommentare stehen lassen und sich darauf fokussieren, gute Beiträge zu finden und dort anzusetzen. Dieser Perspektivwechsel kann helfen, eine positivere Diskussionskultur zu etablieren.
Qualität messen jenseits von Likes und Shares
Doch wie lässt sich die Qualität von Online-Debatten eigentlich messen? Heinbach plädiert dafür, nicht nur auf Reichweite, Likes und Shares zu schauen, sondern die Diskussionen mit einer „demokratietheoretischen Brille“ zu betrachten.
Wichtige Kriterien sind dabei Rationalität (Bezug zum Thema, Fakten, Belege), Konstruktivität (Lösungsvorschläge), Inklusivität, Interaktivität (aufeinander Bezug nehmen) und Respekt. Mit diesem multidimensionalen Ansatz lässt sich die deliberative Qualität von Online-Diskursen differenziert beurteilen – weit über oberflächliche Metriken hinaus.
Brücken bauen zwischen Forschung und Praxis
Heinbach wünscht sich für die Zukunft noch mehr Austausch und Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Community Management-Praxis. Oft dauert es Jahre, bis Forschungserkenntnisse tatsächlich im Arbeitsalltag ankommen und umgesetzt werden.
Umso wichtiger sind Brückenbauer:innen, die beiden Welten verbinden und dafür sorgen, dass neue Einsichten schneller ihren Weg in die Praxis finden. Heinbachs Studie ist dafür ein gutes Beispiel: Parallel zur Forschung entstanden schon konkrete Workshop-Konzepte und Kooperationen, um die Erkenntnisse direkt anwendbar zu machen.
Die Empowerment-Moderation bietet viel Potenzial für Unternehmen und Institutionen, die ihre Online-Communities stärken und die Diskussionskultur verbessern wollen.
Heinbach hat die folgende Literaturliste zur Verfügung gestellt, um tiefer in die einzelnen Themen einzutauchen:
Literaturliste
- Friess, D., Ziegele, M. & Heinbach, D. (2021). Collective Civic Moderation for Deliberation? Exploring the Links between Citizens’ Organized Engagement in Comment Sections and the Deliberative Quality of Online Discussions.Political Communication, 38(5), 624–646. https://doi.org/10.1080/10584609.2020.1830322
- Heinbach, D. & Wilms, L. (2022). 1.2 Der Einsatz von Moderation bei #meinfernsehen2021. In F. Gerlach & C. Eilders (Hrsg.), #meinfernsehen 2021: Bürgerbeteiligung: Wahrnehmungen, Erwartungen und Vorschläge zur Zukunft öffentlich-rechtlicher Medienangebote (1. Auflage, S. 217–236). Nomos. https://doi.org/10.5771/9783748928690-217
- Heinbach, D. (2023). Qualität und Inzivilität von Online-Diskussionen. In N. Kersting, J. Radtke & S. Baringhorst (Hrsg.), Handbuch Digitalisierung und politische Beteiligung (S. 1–24). Springer Fachmedien Wiesbaden.https://doi.org/10.1007/978-3-658-31480-4_51-1
- Heinbach, D., Ziegele, M. & Quiring, O. (2018). Sleeper effect from below: Long-term effects of source credibility and user comments on the persuasiveness of news articles. New Media & Society, 20(12), 4765-4786. https://doi.org/10.1177/1461444818784472
- Jost, P., Ziegele, M. & Naab, T. K. (2020). Klicken oder tippen? Eine Analyse verschiedener Interventionsstrategien in unzivilen Online-Diskussionen auf Facebook. Zeitschrift für Politikwissenschaft, 30(2), 193–217. https://doi.org/10.1007/s41358-020-00212-9
- Kalch, A. & Naab, T. K. (2017). Replying, disliking, flagging: How users engage with uncivil and impolite comments on news sites. Studies in Communication | Media, 6(4), 395–419. https://doi.org/10.5771/2192-4007-2017-4-395
- Landesanstalt für Medien NRW (Hrsg.). (2023). Ergebnisbericht der Forsa-Befragung zu Hassrede im Netz 2023.https://www.medienanstalt-nrw.de/fileadmin/user_upload/forsa_Hassrede_2023_Ergebnisbericht.pdf
- Masullo, G. M., Riedl, M. J. & Elyse Huang, Q. (2020). Engagement Moderation: What Journalists Should Say to Improve Online Discussions. Journalism Practice, 1–17. https://doi.org/10.1080/17512786.2020.1808858
- Masullo, G. M., Ziegele, M., Riedl, M. J., Jost, P. & Naab, T. K. (2022). Effects of A High-Person-Centered Response to Commenters Who Disagree on Readers’ Positive Attitudes toward A News Outlet’s Facebook Page. Digital Journalism, 1–23. https://doi.org/10.1080/21670811.2021.2021376
- Naab, T. K., Heinbach, D., Ziegele, M. & Grasberger, M.‑T. (2020). Comments and Credibility: How Critical User Comments Decrease Perceived News Article Credibility: How Critical User Comments Decrease Perceived News Article Credibility. Journalism Studies, 21(6), 783–801. https://doi.org/10.1080/1461670X.2020.1724181
- Paasch-Colberg, S. & Strippel, C. (2022). “The Boundaries are Blurry…”: How Comment Moderators in Germany See and Respond to Hate Comments. Journalism Studies, 23(2), 224–244. https://doi.org/10.1080/1461670X.2021.2017793
- Paasch-Colberg, S., Strippel, C., Laugwitz, L., Emmer, M. & Trebbe, J. (2020). Moderationsfaktoren: ein Ansatz zur Analyse von Selektionsentscheidungen im Community Management. In V. Gehrau, A. Waldherr & A. Scholl (Hrsg.),Integration durch Kommunikation: Jahrbuch der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft 2019 (S. 109–119). https://doi.org/10.21241/SSOAR.67858
- Strippel, C., Jokerst, S., Heger, K. & Emmer, M. (2024). Weizenbaum Report 2024: Politische Partizipation in Deutschland. Weizenbaum-Institut. https://doi.org/10.34669/wi.wr/5
- Watson, B. R., Peng, Z. & Lewis, S. C. (2019). Who will intervene to save news comments? Deviance and social control in communities of news commenters. New Media & Society, 21(8), 1840-1858. https://doi.org/10.1177/1461444819828328
- Ziegele, M. & Heinbach, D. (2021). Hallo liebe Community! Konstruktive Online-Debatten fördern durch bestärkende Moderation. https://www.medienanstalt-nrw.de/fileadmin/user_upload/NeueWebsite_0120/Zum_Nachlesen/WhitePaper_HalloLiebeCommunity_DIGITAL_210518.pdf
- Ziegele, M. & Jost, P. B. (2020). Not funny? The effects of factual versus sarcastic journalistic responses to uncivil user comments. Communication Research, 47(6), 891–920. https://doi.org/10.1177/0093650216671854
- Ziegele, M., Jost, P., Bormann, M. & Heinbach, D. (2018). Journalistic counter-voices in comment sections: Patterns, determinants, and potential consequences of interactive moderation of uncivil user comments. Studies in Communication and Media, 7(4), 525–554. https://doi.org/10.5771/2192-4007-2018-4-525
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Danke an
- Björn Woll für die Ansagen
- Thorsten Ising für den Schnitt und Unterstützung bei der Produktion