Eine Landwirtschafts-Community ist nicht nur heile Welt. Katrin Hochgesang über die Probleme einer Community in Zeiten von Forensterben und Trollen.
Katrin, stell Dich doch bitte kurz vor:
Hallo, ich bin die Community Managerin des dlv Verlags in München.
Welche Community betreust Du?
Das Forum des Deutschen Landwirtschaftsverlags landlive.de und die Community samt Gruppen rund um unsere generischen FB-Accounts.
Wie groß ist Euer Team in der Landwirtschaftsverlag Community?
Für den Bereich landlive insgesamt ein Community-Manager, ein Admin und 3 Moderatoren. Also 5 Leute, aber aufgeteilt, wir sind meistens nicht gleichzeitig online. Die generischen FB-Gruppen betreue ich mit einer Aushilfe allein.
Nutzt ihr eine SAAS-Lösung oder wurde Eure Community selbst programmiert?
Unsere Community-Site wurde von einem kleinen Unternehmen programmiert.
Eine unternehmenseigene Plattform bietet viele Vorteile gegenüber Facebook-Communities
Was war die bisher größte Herausforderung in Deinem Job?
Nach wie vor und seit einigen Jahren, dass das Forum unrentabel ist. Produkt-Manager und Unternehmensberater haben sich an dem Thema – ohne Erfolg oder Vorschläge – schon die Zähne ausgebissen.
Ich möchte die Community unbedingt am Leben erhalten.
Warum ist die Community so wichtig für Dich? Was unterscheidet sie von anderen Social Kanälen und welche Vorteile bringt sie?
Ich sehe in einer Community immer auch Kunden oder potentielle Kunden. Ich bemerke in anderen Kanälen, dass Interessenten, die sich „aufgehoben“ fühlen, die zeitnahen Antworten vom Unternehmen oder anderen Usern erhalten, durchaus auch zu Kunden werden können. Ich würde dieses Instrument daher ungern aufgeben.
Voraussetzung ist aber eine modernisierte Gestaltung und aktive Beteiligung des Unternehmens (natürlich auch durch Marketing).
Auch in anderen Social Kanälen wird mehr und mehr auf das „Miteinander“ gesetzt (s. Gruppen-Dynamik bei Facebook), alles etwas kurzlebiger aber immerhin. Allerdings sehe ich auch eine gewisse Übersättigung der User z.B. bei Facebook.
Klingt vielleicht etwas old school, doch solch eine Community hat einen gewissen Bestand, bessere Suchfunktionen für Themen, bessere – langfristige und viel persönlichere – Austauschmöglichkeiten. Themen, die gerade heiß diskutiert werden, verschwinden nicht so schnell von der Bildfläche und halten die User bei der Stange.
Was war Dein einprägsamstes Erlebnis in deiner Community-Manager Laufbahn?
Da gibt es eigentlich nichts Spezielles. Hier und da ein paar unangenehme Zeitgenossen, die sämtliche Regeln überstrapazieren und die ewig lebenden Trolle.
Ein höchst persönliches aber positives Erlebnis ist eine „fleischgewordene“, echte Freundschaft über eine Facebook-Community (aber das gehört hier wahrscheinlich gar nicht her ;-)).
Die Community als bunte Mischung: In der landlive Community treffen Jäger auf Landwirte und Imker auf Biogärtner.
Was sind die Besonderheiten beim Landwirtschaftsverlag?
Das Handling und die Moderation zwischen den unterschiedlichen Fachbereichen unter einem Dach. Da treffen die Jäger auf die Landwirte, die Landwirte auf die Imker und Biogärtner usw … Diese Mischung von oft konträren Ansichten fördert den Zoff zum Editieren! Gerade die Jäger fahren gerne einen rauen Ton und werden schnell persönlich (auch untereinander).
Was sind die größten Herausforderungen in Deinem Job und speziell in Deiner Branche?
Die Community als sinnvolles Instrument nach außen zu vertreten (innerbetrieblich). Etwas gegen das Foren-Sterben zu tun oder/und an anderen Stellen Ausweichmöglichkeiten (FB-Gruppen, Kommentar-Funktionen) zu schaffen.
Was gefällt Dir an Deinem Job am besten?
Die Kreativität, die man für neue Ideen benötigt, die Kommunikation mit den Usern, meine generisch betreuten Fachgebiete (Garten, Land, Bienen).
Wie denkst Du, dass die Branche sich in den nächsten Jahren entwickeln wird? Was sind die größten Chancen und Herausforderungen?
Ob das Produkt „Community im eigenen Forum“ so bestehen bleiben kann, ist für uns hier leider momentan immer noch nicht absehbar. Die Userzahlen schwinden weiter. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sich hier nur mehr User aus den mittleren Altersschichten (35-60 Jahre) wohlfühlen und auch wenig auf Angebote im Social Media Bereich (Facebook-Gruppen und dergleichen), das heißt auf die „jüngeren“ Kanäle eingehen. Wir müssen ein Augenmerk auf die Altersstrukturen haben. Mit Umstellung der Facebook-Algorithmen fallen die bisher gepflegten FB-Unternehmensseiten als Kommunikator eher weg. Vielleicht liegt hier aber auch eine Chance für unternehmenseigene Communities sich wieder in den Vordergrund zu bringen? Eine Strategie zur Verjüngung muss allerdings gefunden werden.